Freiheit zur Gerechtigkeit

Freiheit zur Gerechtigkeit

Reformationstage 2020

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Text Von der Freiheit eines Christenmenschen

Mein heutiges Thema ist die Gerechtigkeit und die Rolle, die gute Werke im Leben eines Christen spielen. Oder, wie in dem Titel, «die Freiheit zur Gerechtigkeit». Und ich bin sehr froh, dass ich das Thema Gerechtigkeit bekommen habe – oder wie wir es heute oft benennen, das Thema «gute Werke» –, weil ich das Gefühl habe, dass das ein Thema ist, über das viele Christen verwirrt sind. Ich weiss, dass auch ich manchmal in meinem Leben über dieses Thema verwirrt war. Wir wissen, dass wir nicht aufgrund unserer Werke gerettet werden. Aber was jetzt? Muss ich sie trotzdem tun? Oder muss ich gute Werke nicht mehr machen? Sollte ich sie machen? Sollte ich den Wunsch haben, sie zu tun? Und was, wenn ich sie einmal nicht tun will? Oder was, wenn ich sie nie machen will? Wann ist das ein Problem für mich? Viele von uns sind verwirrt über das Verhältnis eines Christen zu guten Werken. Vielleicht sind Einige von euch nicht so analytisch veranlagt und diese Fragen rauben euch nachts nicht den Schlaf. Aber für Einige von uns kann das sehr verunsichernd sein. Und darum bin ich dankbar, dass ich dieses Thema heute mit euch besprechen kann.

Ich habe 3 Punkte zu den guten Werken über die ich in diesem Vortrag mit euch sprechen möchte.

  • Der erste Punkt ist, dass, in Bezug auf gute Werke, Freiheit unser Zustand ist.
  • Zweitens, der Glaube ist der Schlüssel zum Verständnis guter Werke im Leben eines Christen.
  • Und Drittens, das Königreich ist das Ziel guter Werke im Leben eines Christen.

Freiheit ist unser Zustand, Glaube ist der Schlüssel und das Königreich ist das Ziel.

Freiheit ist unser Zustand in Christus

Beginnen wir also, indem wir uns unseren Zustand als Christen in Bezug auf gute Werke anschauen. Nach Luther, ist unser Zustand in Christus Freiheit. Wir sind frei von der Notwendigkeit, gute Werke für unser Heil zu tun. Und doch macht uns diese Freiheit von guten Werken eigentlich frei, genau diese guten Werken zu tun. Das Evangelium befreit uns sowohl von Zwängen als auch Anreizen gute Werke zu tun – was uns wiederum wirklich frei macht sie von Herzen zu tun. Lasst mich versuchen, zu erklären, was das bedeutet.

Zuerst ist es wichtig, zu beachten, wem Luther hier schreibt. Die Führer der katholischen Kirche waren Meister darin, Zwänge und Anreize zu nutzen, um die Menschen zum Gehorsam zu bewegen. Aber diese Art von Gehorsam ist, laut Luther, nicht frei. Nun, um fair zu sein, jeder Elternteil kann mit dieser Methode der römischen Kirche sympathisieren. Wir alle haben von Zeit zu Zeit auf das Verhaltensmodell oder Behaviorismus zurückgegriffen, um unsere Kinder unter Kontrolle zu bringen. Wir alle wissen, wie wir negative und positive Verstärkung in unsere Familie einsetzen können, oder? Einerseits verwenden wir Warnungen und Androhung von Bestrafung, um die Kinder dazu zu bringen, das zu tun, was wir von ihnen wollen. Und zu anderen Zeiten benutzen wir das Versprechen von Eis und einem Ausflug in den Zoo, um ihr Verhalten zu beeinflussen.

Aber in beiden Fällen, so würde Luther argumentieren, ist die Motivation für gute Werke nicht frei. Diese Art von Gehorsam wird durch Zwang oder Anreiz hervorgerufen. Aber in Jesus Christus sind wir wirklich frei gute Werke zu tun, weil diese Zwänge und Anreize vollständig entfernt wurden. Nehmt zum Beispiel die Androhung von Bestrafung und Warnungen. Luther sagt, dass die keine Macht mehr über uns haben, weil Jesus bereits die Strafe für unsere Sünde bezahlt hat. Wir haben keine Angst mehr vor Bestrafung. Und andererseits sind wir auch frei von positiver Verstärkung und dem Anreiz für Belohnungen, die einige Menschen dazu bewegen gute Taten zu tun, weil Jesus für uns bereits alle Belohnungen des Himmels verdient hat. Luther sagt (Artikel 23):

Und dass kein Werk, kein Gebot einem Christen zur Seligkeit nötig sei, sondern er von allen Geboten frei ist und aus reiner Freiheit umsonst alles tut, was er tut, und nichts, womit er seinen Nutzen oder seine Seligkeit sucht – denn er ist schon zufrieden und selig durch seinen Glauben und Gottes Gnade.

Hast du gehört, was er gesagt hat? Wir sind weder durch «Nutzen oder [seine] Seligkeit» motiviert. Für den Christen gibt es keinen Platz für negative oder positive Verstärkung, um uns zu bewegen gute Werke tun. Jesus nahm unsere Strafe und er gibt uns seine Belohnung. Und in diesem Fall geschieht unser Gehorsam, wie Luther sagt, «aus reiner Freiheit». Wir sind völlig frei Gute Werke oder Gerechtigkeit zu tun.

Und das ist wichtig, denn alle Eltern wissen, dass dies das Ziel ist, oder? Wir möchten nicht, dass unsere Kinder nett zueinander sind, weil sie Bestrafung fürchten, oder weil sie einen Lutscher wollen. Wir müssen diese Methoden manchmal anwenden, aber wir alle möchten dass unsere Kinder freiwillig aus ihren Herzen gehorchen. Und nur das Evangelium, aufgrund dessen was Jesus für uns getan hat, kann uns wirklich im Herzen frei machen, gute Werke zu tun die dem Herrn gefallen.

Ok, das ist also das Erste Punkt in Bezug auf gute Werke – unser Zustand in Christus ist Freiheit. Unser Gehorsam ist frei! Es ist weder durch Angst noch durch Belohnung motiviert.

Glaube ist der Schlüssel zum Verständnis guter Werke

Aber dann bleibt die Frage: «Ok, wir sind frei! Super cool! Heisst das, dass ich jetzt gar nicht mehr gehorsam sein muss? Ich kann mich einfach zurücklehnen und machen was ich will? Ich bin völlig frei!» Nun, Luther erhebt diesen Einwand selbst. Er sagt mit der Stimme seines Gegners (Artikel 19):

Ei, wenn der Glaube alle Dinge ausmacht und es allein auf ihn ankommt, ausreichend gerecht zu machen, warum sind dann die guten Werke geboten? Dann wollen wir guter Dinge sein und nichts tun!

Und dann antwortet Luther diesen Einwand: «Nein, lieber Mensch, so nicht.» Für Luther sind gute Werke im Leben des Christen immer noch sehr wichtig, aber der Schlüssel zum Verständnis guter Werke ist der Glaube, und das ist unser zweiter Punkt in diesem Vortrag. Unser Zustand ist die Freiheit in Bezug auf gute Werke, und der Glaube ist der Schlüssel dazu zu verstehen, warum ein freier Mann sich immer noch dafür entscheidet gute Werken zu tun

Wie ihr wisst, glaubte Luther, dass der Glaube das Einzige ist, was zur Rechtfertigung notwendig ist – und gegen das haben viele seiner römisch-katholischen Gegner Einwände erhoben. Sie sagten, das würde zu Gesetzlosigkeit und «leichtem Glauben» und Apathie führen. Aber Luther antwortet auf diese Einwände, indem er erklärt, dass der Glaube, der uns rettet, derselbe Glaube ist der uns bewegt die Befehle unseres Herrn zu vertrauen – und alles was er sagt in Freiheit zu tun.

Mit anderen Worten, der Glaube, der auf Jesus als Erlöser vertraut, ist derselbe Glaube der ihm auch als Herrn vertraut. Noch anders gesagt, der Glaube, der auf Christus allein für die Erlösung vertraut, ist derselbe Glaube der ihm vertraut, wenn er sagt: «Gesegnet sind die Friedensstifter», «liebe deine Feinde» und «vergib deinem Bruder siebzigmal siebenmal.»

Für Luther sind Rechtfertigung und Heiligung das natürliche Wirken des gleichen Glaubens. Man kann nicht an Gottes Versprechen im Evangelium glauben und gleichzeitig daran zweifeln, was er über Geld, Sex, Wut und alles andere zu sagen hat. Wir werden nicht durch unser Einhalten dieser Gesetze gerettet, aber wenn man ihm vertraut, dann vertraut man auch dem was er sagt. Luther sagt (Artikel 11):

Ebenso verhält es sich, wenn die Seele Gottes Wort fest glaubt. Dann hält sie ihn für wahrhaftig, recht und gerecht; damit tut sie ihm die allergrösste Ehre, die sie ihm tun kann. Denn darin gibt sie ihm Recht, darin lässt sie ihm Recht, darin ehrt sie seinen Namen und lässt ihn sie behandeln, wie er will.

Seht ihr was er sagt? Wenn du glaubst, dass Gott wahrhaftig, gut und gerecht ist, dann wirst du nicht nur in Freiheit an ihn glauben um Erlösung zu erlangen, sondern auch allem was er sagt in Freiheit vertrauen. Unsere guten Werke retten uns nicht. Sie sind lediglich Ausdrucke unseres impliziten Vertrauens in Jesus Christus als Erlöser und Herrn.

Ok, das sind meine ersten beiden Punkte in Bezug auf gute Werke – Freiheit ist unser Zustand und der Glaube an Jesus als Retter und Herr ist der Schlüssel zum Verständnis, warum ein freier Mensch sich für den Gehorsam und nicht für den Ungehorsam entscheidet.

Das Königreich ist das Ziel guter Werke

Und jetzt kommen wir zu meinem dritten und letzten Punkt. Und hier möchte ich die Diskussion ein wenig über die Parameter von Luthers Zielen in seiner Schrift hinausführen. Luther schrieb, dass unsere guten Werke Antworten im Glauben darauf sind, wer Gott ist und was er getan hat. Aber ich möchte hinzufügen, dass sie auch eine Antwort des Glaubens auf das sind, was Gott immer noch tut. Sie sind eine Antwort des Glaubens an seine Mission, nämlich sein Reich hier auf Erden genauso wie im Himmel aufzubauen. Unsere guten Werke sind mehr als nur Ausdruck meines persönlichen Glaubens an Jesus. Sie sind auch Teilnahme an seinem Welterneuerungsprojekt durch die Liebe.

Ich finde, dass die Diskussionen über gute Werke selten über die Frage hinausgehen, was sie für mich und meine Erlösung bedeuten. Wir vernachlässigen oft das Gesamtbild und den Sinn unserer guten Werke. Für so viele Christen wird das Thema der guten Werke auf diese häufig gestellte Frage reduziert, die ich zu Beginn erwähnt habe, nämlich: «Muss ich gute Werke tun, oder nicht?» Aber wenn wir die Frage so formulieren, bleiben uns nur zwei mögliche Antworten. Beide sind unzureichend. Entweder muss ich gute Werke tun – das bedeutet Legalismus –, oder ich muss sie nicht tun, weil ich bereits gerettet bin – und das riecht nach Antinomismus.

Das Problem sowohl mit dem Legalismus als auch mit dem Antinomismus ist, dass beide an derselben Stelle beginnen und enden: Mit mir und meinem Heil. Wir können die Bedeutung von guten Werken ausserhalb unserer eigenen Rechtfertigung oft nicht verstehen, weil uns der grössere Kontext unserer guten Werke fehlt, nämlich das Reich Jesu Christi. Ohne den grösseren Zusammenhang des Königreichs werden wir den Punkt verfehlen, warum wir gute Werke tun.

Es ist wie bei einem Ehemann, der an seinem Hochzeitstag vor dem Blumenladen steht und überlegt, ob er seiner Frau einen Blumenstrauss kaufen soll oder nicht. Also hält er einen älteren, weiseren Herrn auf der Strasse an und fragt ihn: «Sagen Sie mir, muss ich meiner Frau an unserem Hochzeitstag Blumen schenken oder nicht, um ein guter Ehemann zu sein?» Was würde der ältere Mann antworten? Ich denke er würde sagen: «Junger Mann, ich denke, Sie verstehen etwas falsch. Bei den Blumen geht es nicht um Sie. Es geht um ihre Ehe. Es geht darum, eine gesunde Beziehung aufzubauen. Es geht darum, Ihre Bindung zu stärken, damit Sie und Ihre Frau viel gute Frucht für die Welt hervorbringen. Es geht darum, eine stabile häusliche Umgebung zu schaffen in der Sie Kinder grossziehen können, damit sie auch produktive Bürger an ihrem Ort werden. Ich verstehe die Frage, die Sie sich stellen, aber Ihnen fehlt das grössere Bild.»

Wann immer wir das Thema guter Werke im Leben eines Christen diskutieren, müssen wir es mit dem Königreich Gottes in Verbindung bringen, sonst werden wir uns entweder in die Richtung des Legalismus oder Antinomismus lehnen. Als Christen geht es bei guten Werken nicht um uns und unser Heil. Gute Werke haben gar keinen Einfluss auf unser ewige Erretung. Unsere guten Werke sind Teilnahme an der Veränderung der Welt zu seinem Ruhm. Wie Jesus selbe gesagt hat (Matthäus 5,16): «So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.» Bei unseren guten Werken geht es um Gottes Herrlichkeit und seine Ziele.

Lasst mich versuchen, es mit einer weiteren Illustration zu erklären. Nehmen wir an, ich stelle drei verschiedenen christlichen Männern die gleiche Frage. Nehmen wir ein zufällig ausgewähltes «gutes Werk» als Beispiel, wie den Zehnten an die Kirche zu spenden. Also fragen wir die drei Männer: «Muss ich der Kirche Geld spenden?» Der erste Mann, ein Legalist, wird sagen: «Ja, das muss ich tun, sonst werde ich nicht von Gott akzeptiert.» Dieser Mann lebt in Angst und Schuld und versteht gute Werke nur in Beziehung zu seiner Erlösung. Der zweite Mann ist ein Antinomist und er antwortet: «Nein, ich muss den Zehnten nicht geben. Ich kann, wenn ich will, aber es spielt keine Rolle, da ich bereits gerettet bin.» Gute Werke werden in seinem Fall auch nur in Bezug auf seine Erlösung gesehen – nämlich, dass sie nicht notwendig sind. Aber der dritte Mann in der Gruppe hört mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zu und sagt: «Ich denke, ihr versteht es nicht richtig. Es geht nicht darum, ob man es muss oder nicht. Die eigentliche Frage ist: Warum würdest du es nicht tun! Willst du nicht sehen, dass Jesus über die ganze Erde regiert? Willst du nicht sein Königreich hier auf Erden sehen, genauso wie es im Himmel ist? Wir befinden uns inmitten eines Krieges. Jeder Krieg erfordert finanzielle Unterstützung. Und wir haben das Privileg, an dieser Revolution mit unserem Einkommen teilzunehmen – um Missionare auszusenden, um die Bedürfnisse der Gemeinde zu kümmern, um unseren Nächsten zu lieben!» Seht ihr, dieser dritte Mann ist weder ein Legalist noch ein Antinomist, sondern ein Revolutionär. Er versteht, dass Jesus uns nicht nur durch seine Gnade gerettet hat, sondern uns auch rekrutiert hat, an seinem Projekt zur neuen Schöpfung durch unsere guten Werke teilzunehmen.

Und das ist keine neue Idee die ich euch heute erzähle. Paulus macht einen ähnlichen Punkt in seinem Brief an die Epheser. Ich wette, jeder von uns kann Epheser 2,8-9 auswendig zitieren:

Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.

Diese zwei Verse beziehen sich auf unsere Rechtfertigung, und Paulus sagt klar: «Wir werden nicht durch Werke gerettet. Es ist Gnade pur.» Aber viele von uns hören bei Vers neu auf zu lesen, aber Paulus fährt fort. Er sagt:

Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.

Es geht nicht darum, ob ich gute Werke tun muss oder nicht, um errettet zu werden. Gute Werke haben gar keinen Einfluss auf unser Heil. Du wirst nicht wegen deiner guten Werke gerettet. Du wurdest gerettet, um gute Werken zu tun. Unsere guten Werke sind die Teilnahme an Gottes Mission, die Welt durch Evangelium und Liebe zu ändern – zu seinem Ruhm.

Brüder und Schwestern, unsere guten Werke sind nicht nur ein Beweis unseres Glaubens. Sie erfüllen auch einen Zweck, sie haben Bedeutung, sie haben einen Ziel. Sie sollen die Herrlichkeit Gottes zeigen, indem wir die Welt in jedem Bereich unseres Lebens der Herrschaft Christi unterwerfen. Durch unsere guten Werke können wir an seiner neuen Schöpfungsmission teilnehmen. Wir können durch unsere Opfer an seinem grossen Sieg teilhaben.

Denkt einfach für einen Moment darüber nach. Ich habe mich immer gefragt, warum Revolutionäre – egal ob Männer oder Frauen – immer bereit sind zu leiden und sogar zu sterben, um ihre Ziele zu erreichen. Ich denke zum Beispiel an die Französische Revolution. Sie macht mich besonders neugierig, weil es eine Revolution war, die auf athesistischen Prinzipien beruhte. Der Tod im Namen dieser Revolution bedeutete im Wesentlichen, für immer verloren zu sein. Und doch waren so Viele bereit, diesen endgültigen Preis zu zahlen – gerne, bereitwillig, stolz. Warum? Weil sie an ihre Sache geglaubt haben! Sie glaubten, dass diese neue Regierung endlich die Probleme beheben und Frieden und Veränderung in die Welt bringen würde. Ihr Leiden und Opfer hatte einen Kontext – es ist eine Revolution.

Und das ist auch bei Christen so. Obwohl, wie Jesus sagte, sein Königreich sei nicht von dieser Welt. Es ist kein Königreich, das durch politische Macht, oder durch das Schwert kommt, wie in Frankreich damals, oder eines das durch Krieg kommt. Nein, dies ist eine Königreichs-Revolution, die durch Wahrheit und Liebe zustande kommt. Aber wir sind auch bereit zu opfern, zu geben, Risiken einzugehen für Jesus. Wir tun das aus dem gleichen Grund wie die Menschen damals. Wir glauben, dass Christus die Welt endlich reparieren wird. Er wird Gerechtigkeit bringen. Er wird die Gebrochenheit heilen. Wir haben einen Kontext für unsere guten Werke jenseits der Frage unserer persönlichen Erlösung. Es schliesst sie zwar ein, geht aber darüber hinaus. Und ich denke, dass wir als Christen diesen Kontext oft verpassen und deshalb keinen Sinn im Leiden und im Opfern und in der Dringlichkeit guter Werke sehen, weil wir sie ausschliesslich im Zusammenhang von unserer Erlösung verstehen.

Geh zu einem Revolutionär und frage: «Muss ich für die Sache Opfer bringen, oder nicht?» Er wird dich schräg ansehen und sagen: «Ich denke du hast es nicht verstanden. Willst du es nicht? Glaubst du nicht an den König? Es geht nicht um «müssen» oder «nicht müssen», es geht darum, dass du denkst dass es wert ist.»

Seht ihr, es ist wirklich eine Frage des Glaubens. Und das bringt uns zu Luther zurück. Glaube ist der Schlüssel zum Verständnis guter Werke. Wir glauben an Jesus und an seine Herrschaft – es ist uns wert. Ich denke, das ist es, worauf Luther hinaus will, obwohl ich den Punkt ausweite, den er in seiner Schrift ausführt.

Einer Person, die danach fragt, ob sie für Christus Opfer bringen muss, oder es lassen kann, würde Luther wohl antworten: «Nein, du musst keine Opfer bringen, oder gehorchen, oder gute Werke leisten. Du bist frei. Aber, wenn du an ihn glaubst, möchtest du dann nicht an seinem Sieg teilhaben? Es geht nicht darum, ob ich etwas tun muss oder nicht, sondern es geht um Glauben.» Glaubst du nicht, dass Jesus die Antwort ist? Willst du nicht, dass Jesus in jedem Haus geehrt wird. Willst du nicht, dass er Herr über jedes Geschäft und jeden Verein in unserer Stadt ist? Willst du nicht, dass die Welt durch sein Evangelium und seine Liebe und seine königliche Herrschaft verwandelt wird?

Ich habe letzte Woche Psalm 110 gelesen. Es ist ein bekannter messianischer Psalm, in dem von Christus und seinem Königtum gesungen wird. Eine Stelle ist mir ins Auge gesprungen (Psalm 110,3): «Dein Volk ist voller Willigkeit am Tage deiner Macht.» Wie grossartig ist dieser Vers! Das fasst alles zusammen, was ich versuche zu sagen. Unsere Gerechtigkeit als Christen – oder unsere guten Werke – werden freiwillig getan, weil wir an die Herrlichkeit und die Schönheit dessen glauben, was es bedeutet, wenn er der König der Welt ist.

Stelle dir vor, wie es war, als Christus durch die Strassen ging. Die Taube konnten hören, die Blinden sehen, den Sündern wurde vergeben, die Toten sind auferstanden, die Stolzen wurden niedergebracht, die Demütigen wurden aus dem Müllberg herausgehoben. Stell dir vor, wie es sein wird, wenn er nicht nur im kleinen Fleck Judäa Messias ist, sondern König der Welt. Wir sehnen uns danach, oder? Und unsere Gerechtigkeit, unsere guten Werke sind das Werk von Revolutionären, die nach seiner Sache streben!

Brüder und Schwestern, eure guten Werke haben einen Zweck für das Reich Gottes. Ich wünsche mir, dass mehr Christen das verstehen. Und hier unterscheide ich mich nur geringfügig von Luther, weil ich glaube, dass wir grossartige Anreize zur Teilnahme an dieser Mission haben. Die Bibel gibt uns Anreize für guten Werke. Und diese Anreize machen unsere guten Werke nicht weniger frei und auch nicht verdienstvoller. Jesus hat in der Bergpredigt folgendes gesagt (Matthäus 5,11-12a):

Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und lügnerisch jegliches böse Wort gegen euch reden um meinetwillen!  Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist gross im Himmel.

Habt ihr das gehört? Was ist die Belohnung? Er spricht hier nicht von Erlösung – das ist nicht die Belohnung – das hat Luther richtig verstanden. Nein, Jesus sagt nicht, dass der Himmel unser Belohnung sein wird. Er sagt, dass deine Belohnung im Himmel gross sein wird, weil du geglaubt hast, und du für seine Sache gelitten hast. Es ist wie bei Robin Hood und seinen tollkühnen Gesellen. Bei der Rückkehr von König Richard, anerkannte der König ihre Treue. Und das trifft genauso auf uns zu. Jedes unangenehme Gespräch, das du mit einem Arbeitskollegen führst, um das Evangelium zu teilen. Jedes Mal, wenn du den Mut hattest, jemanden in die Kirche einzuladen. Jeder Euro oder Franken, den du ausgegeben hast, um das Evangelium den Völkern zu bringen, die es noch nicht kennen. Jedes Mal, wenn du auf eine Missionsreise deinen Kopf in einer Toilette hattest und dich mehrmals übergeben musstest. Jedes Mal, wenn du wegen deines Glaubens beleidigt wurdest. Jedes Mal, wenn es dich etwas gekostet hat, deinen Nächsten im Namen Jesu zu lieben. Jede kleine Narbe, die du im Namen Christi bekommen hast, wird für dich ein Ehrenzeichen sein, wenn Christus unser König wiederkommt.

Und ich glaube, je grösser die Werke sind die wir tun, desto grösser wird unsere Freude und der rechtschaffene Stolz sein, weil wir die Ehre hatten, an seinem Sieg teilzuhaben. Und ich glaube, dass auch das Gegenteil der Fall sein wird. Ich denke am Tag von Gottes Sieg, wird es auch ein rechtschaffenes Gefühl der Schande geben für alle verpassten Gelegenheiten. Ich denke, wir werden ein Gefühl der «gerechten Beschämung» für die Art und Weise empfinden, wie wir konkurrierende Königreiche in diesem Leben unterstützt haben und für die Zeiten, in denen wir sozusagen für das andere Team gespielt haben. Das bedeutet nicht, dass wir im Himmel nicht willkommen sein werden. Nein, wir gehören dort allein durch unseren Glauben an Christus. Nein, es ist wie im Fussball, wenn man ein Eigentor schiesst. Wenn das passiert, wird man nicht aus der Mannschaft ausgeschlossen. Unsere Mitgliedschaft im Team ist vertraglich festgelegt, wir sind sicher. Jesus starb damit du in diesem Team aufgenommen wirst. Er hat deinen Vertrag mit seinem eigenen Blut unterschrieben – du bist sicher. Aber du wirst in der Umkleide bestimmt rot anlaufen, weil du dem anderen Team geholfen hast. Dies ist natürlich meine eigene Vorstellung.

Aber ich denke, wir können sogar gerechten Neid für die Christen im Himmel empfinden, die furchtloser für Christus waren, die mehr Opfer gebracht haben als wir. Ich nenne es gerechten Neid, weil es nicht sündig sein wird. Wir werden unserem Bruder seine Rolle, die er im Königreich gespielt hat, nicht missgönnen. Nein, wir werden auf ihn stolz sein und dankbar für die Rolle, die er gespielt hat. Und wir werden da sein, um mit ihm den Sieg zu feiern. Aber sicherlich werden wir uns fragen: «Warum habe ich nicht mehr geglaubt? Warum habe ich nicht mehr getan? Warum war ich so schüchtern, wenn wir eine so herrliche Mission hatten?»

Wir haben Anreize, wunderbare und herrliche Anreize für unsere guten Werke, aber sie haben nichts mit unserer Rechtfertigung zu tun, sondern mit unserer Teilnahme an seinem Sieg.

Schluss

Ok, lasst mich nun meine drei Punkte zusammenfassen und euch dann abschliessend eine kurze Liste geben, die beschreibt, warum der Kontext des Königreichs für uns so wichtig ist. Wir haben drei Dinge gesehen.

  • Erstens sind wir, in Bezug auf gute Werke frei. Laut unsere Erlösung sind wir sowohl frei von Zwängen als auch von Anreizen, gute Werke zu tun. Jesus hat unsere Bestrafung bereits ertragen und er hat unser ewiges Erbe bereits verdient. Wir sind frei.

  • Zweitens ist der Glaube der Schlüssel zum Verständnis, warum ein freier Mann motiviert ist, seine Freiheit zu nutzen, um gute Werke zu tun. Luther meinte – wenn man an jenen Jesus glaubt, der Gottlose rechtfertigt, dann wird man auch an den Jesus glauben, der dir sagt «liebe deine Feinde», «glückselig sind die Sanftmütigen» und «ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!» Der Glaube, der auf Jesus als Erlöser vertraut, ist der gleiche Glaube, der auf ihn als Herrn vertraut.

  • Und schliesslich: Drittens besteht der Zweck unserer guten Werke darin, Gott Ehre zu bringen indem wir zuerst nach dem Königreich und seine Gerechtigkeit trachten (Matthäus 6,33). Mit anderen Worten: Jesus hat uns nicht nur gerettet, er hat uns auch rekrutiert, um an seiner weltverändernden Mission des Evangeliums teilzunehmen.

Warum ist das wichtig? Wie verändert der Kontext des Königreichs unsere Perspektive?

  • In erster Linie verändert es die Art und Weise, wie wir gute Werke sehen. Das Königreich gibt uns einen Kontext für unseren Gehorsam. Wir tun keine guten Werke, um gerettet zu werden, aber um an der Mission unseres Herrn teilzunehmen – die Kultur Gottes hier auf Erden zu bringen, wie sie im Himmel herrscht. Es ist die Kultur, in der wir Gott mit Herz, Verstand und Seele lieben und unseren Nächsten wie uns selbst. Wir kolonisieren diese Welt und unterwerfen sie seiner Herrschaft: In meinem Zuhause, in meinem Büro, auf dem Sportplatz. Das ist eine herrliche Revolution. Wir haben einen herrlichen Grund, jeden Morgen aus dem Bett zu steigen. Wir haben einen herrlichen Grund zu leben und einen herrlichen Grund zu sterben.

  • Zweitens macht das Königreich Sinn für die christlichen Disziplinen. Das ist ein anderes Thema, über das so Viele von uns verwirrt sind, weil uns der Kontext des Königreichs fehlt. Wir fragen oft: «Muss ich meine Bibel lesen oder nicht? Wie oft? Wie viel muss ich beten, wie oft am Tag und wie lange?» Aber, die Frage ist nicht, muss ich beten oder muss ich nicht beten. Die Frage ist, warum würdest du nicht beten? Wir werden jeden Tag angegriffen und wir müssen mit unserem Herrn verbunden sein. Zu fragen, ob ein Christ beten muss, ist wie einen Soldaten an der Front zu fragen, ob sie ihre Funkgeräte brauchen. Sie würden sagen: «Bist du verrückt! Wir müssen mit unserem Hauptmann verbunden sein, damit wir um Verstärkung rufen können, Unterstützung aus der Luft, oder Verpflegung anfordern. Wir brauchen Anweisung im Manöver, damit wir wissen, wohin wir gehen müssen. Ohne die Funkgeräte sind wir im Dunkeln.» So sieht ein Revolutionär das Gebet. Gleiches gilt für das Lesen der Bibel. «Muss ich oder muss ich nicht? Wie viel ist genug um ein guter Christ zu sein?» Auch hier verstehen wir nicht, um was es geht. Du wirst nicht gut, weil du in der Bibel liest. Es ist nichts Rechtschaffenes daran, die Bibel zu lesen. Atheistische Gelehrte tun es jeden Tag. Das Lesen der Bibel ist nicht Gerechtigkeit, sondern Bibel lesen soll uns dabei helfen gerecht zu sein. Paulus sagt in 2. Timotheus 3,16 wozu die Bibel uns gegeben ist: «damit der Mensch Gottes ganz zubereitet sei, zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet.» Das ist der Punkt beim Bibellesen, nicht damit ich mit mir zufrieden bin, sondern um gute Werke für das Königreich hervorzubringen!

  • Drittens gibt das Königreich den Kontext für die Anbetung und den Gottesdienst. Wieder hören wir die gleiche Frage: «Muss ich in die Kirche gehen oder nicht? Kann ich am Tag des Herrn Fussball spielen?» Und die gängigen Antworten auf diese Fragen lauten entweder: «Ja, du musst kommen, um ein guter Christ zu sein», was Legalismus ist, oder: «Nein, du musst nicht kommen, um ein guter Christ zu sein, weil du durch die Gnade gerettet worden bist, und es spielt also keine Rolle mehr», und das riecht nach Antinomismus. Aber wenn du den Kontext des Königreichs verstehst, dass wir uns jede Woche im Krieg befinden, in den Gräben, dann wirst du die Frage nicht mehr stellen, ob du zum Gottesdienst gehen musst oder nicht. Niemand wird dich von der Kirche fernhalten können. Denn hier findest du Ruhe, Erholung und Nahrung in mitten des spirituellen Krieges. Während des Ersten Weltkriegs verwandelten sich viele der grossen Gutshäuser und Herrenhäuser Englands in Genesungsheime für die Soldaten, die im Krieg in Deutschland waren. Sie waren wichtig, weil sie den Soldaten Erholung von der Front gaben. Sie haben gegessen, geschlafen und darauf gewartet, dass ihre Wunden heilten. Sie haben mit ihren Kameraden gefühlt und Geschichten erzählt. Sie wurden an die Wichtigkeit der Mission erinnert, damit sie motiviert waren, wieder an die Front zurückzukehren. Und genau das machen wir jeden Sonntag. Wir geben unserem Volk eine Pause und Ermutigung. Wir erinnern sie an die Vergebung ihrer Sünden, und an der Würdigkeit unseres Königs und seiner Sache, damit sie in den nächsten sechs Tagen mit Freude und Zuversicht an ihre Arbeit für Jesus zurückkehren können; sei es als Kellnerin, Klempner oder als Hausfrau und Mutter.

Das Königreich gibt allem, was wir tun, einen herrlichen Kontext. Und ich könnte immer weiter machen, aber der Punkt ist: Wann immer wir die Diskussion von den guten Werken von der grösseren Geschichte des Königreichs trennen, werden wir uns immer in Richtung des narzisstischen christlichen Dilemma bewegen, das fragt: «Muss ich, oder muss ich nicht». Und wenn wir ausser uns selbst, keinen anderen Kontext haben, in dem wir das christliche Leben verstehen können, werden wir entweder in der Angst des Legalismus oder in der Fruchtlosigkeit des Antinomismus leben.

Brüder und Schwestern, ihr werdet nicht durch eure Werke gerettet, sondern durch das Werk Jesu Christi, das er für uns vollbracht hat. Und aufgrund seines Werkes hat dein Werk nun einen Zweck. Einen ewigen Zweck. Deine Gerechtigkeit zählt! Deine guten Taten spielen eine enorme Rolle, nicht zur Rechtfertigung, sondern auch für das Königreich, für die Revolution und für den Namen unseres Herrn und Retters. Er wird auf jeden Fall gewinnen. Aber er hat uns gebeten, ihn bei der Mission zu begleiten. Wir spielen eine Rolle im Sieg Jesu Christi. Im Himmel werden wir auf jede Narbe, die wir in seinem Namen tragen, stolz sein können. Willst du nicht auch Narben haben, die du vorzeigen kannst? Möchtest du keine Geschichten erzählen am Tag des Herrn?